Gedanken

 

... bestimmen oftmals, wie wir uns fühlen. Glaubst du alles, was du denkst? Wir kennen es alle: Gedanken schießen uns durch den Kopf, Katastrophenszenarien erwachsen vor unserem inneren Auge. Wir steigen voll ein in den inneren Film. Wenn wir oft dazu neigen, alles zu glauben, was wir denken, befinden wir uns im sogenannten Objektmodus. In diesem Modus erscheinen uns unsere Gedanken und inneren Bilder wie ein Abbild der äußeren Realität: Wir glauben, was wir denken.

Die moderne Verhaltens- und metakognitive Theorie geht davon aus, dass unser Denken und Fühlen in einem direkten Zusammenhang stehen. Wie wir denken, so fühlen wir uns. Und wie wir uns fühlen, bestimmt unser Denken. Es liegt auf der Hand, dass hier ein regelrechter Teufelskreis entstehen kann. Unsere Art zu Denken ist dabei wie eine Gewohnheit. Da hilft nur Übung, Übung, Übung – denn: so wie wir unser Gehirn benutzen, so entwickelt und formt es sich.


Was sind überhaupt Gedanken?

Eine wichtige Frage, denn Gedanken sind real. Aber nicht die Realität! Sie sind weder eine Bestätigung noch sind sie eine Negation der äußeren Realität. Gedanken sind innere Ereignisse, deren Auftauchen zu 80% spontan und nach den Gesetzen der Assoziation erfolgt. Je nach Tagesform, kann man davon ausgehen, dass nur 20% unserer Tagesgedanken gezielt erfolgen, beispielsweise, wenn wir konzentriert über etwas nachdenken oder gezielt an etwas denken.

Der Knackpunkt: „Automatische Gedanken“, deren Auftreten wir oftmals gar nicht mitbekommen. Das Problem: Solange wir uns im Objektmodus befinden und alles glauben, was wir denken, haben unsere Gedanken die Macht über unser Fühlen und darüber hinaus über unser Handeln. Kritisch sind hierbei natürlich negative Gedanken, die weder hilfreich, noch realistisch, noch anderweitig zielführend sind. Denn genau diese Art von Gedanken wirken sich für uns destruktiv aus und gelten im Falle von Depressionen, Angst- und Zwangsstörung sogar als sogenannte „aufrechterhaltende Faktoren“.

 



Vom Objektmodus in den Metakognitiven Modus

Unsere Gedanken können wir uns vorstellen, wie einen Film, der auf eine Leinwand projiziert wird. Wir sehen diesen Film und steigen emotional ein, wenn wir uns im Objektmodus befinden. Hier befindet sich auch unsere „Backdoor“: Indem wir den „Gedankenfilm“ (auch bekannt als „Kopfkino“) als Film identifizieren, kann es uns gelingen, aus dem Objektmodus auszusteigen und in den Metakognitiven Modus zu wechseln.

Wir schauen nun von außen und mit einer gewissen emotionalen Distanz auf den Gedankenfilm und sind nicht mehr emotional involviert, als wären wir selbst Teil des Films. Wir sind nicht der Film, wir sehen lediglich den Film. Hier liegt der Knackpunkt, insofern lade ich dich dazu ein, diesen kurzen Absatz hier gleich noch einmal zu lesen. Langsam und bedacht.

 

 

 

Gedanken hinterfragen und entkräften

... aber mit System! Ich möchte dir heute sieben Schritte mit an die Hand geben, mit denen du deine Gedanken systematisch auf den Prüfstand stellen kannst. Hierbei steigst du bewusst aus dem Objektmodus aus und betrachtest deine Gedanken kritisch distanziert aus der metakognitiven Perspektive.


Vorbereitung: Gedankeninventur

Zu Beginn der Übung kann es sehr sinnvoll und spannend sein, einmal über den Tag verteilt mitzuschreiben, welche Gedanken da so kommen und gehen. Sicherlich wirst du überrascht sein, wie viele negative, destruktive und wenig hilfreiche Gedanken in deiner Gedankeninventur landen.


Übung: Kognitive Umstrukturierung

Ich empfehle, die Übung schriftlich mit Stift und Papier durchzuführen, da sich durch das Schreiben per Hand die Inhalte und Erkenntnisse erfolgreicher im Gehirn verankern. Nimm dir immer nur einen Gedanken pro „Durchgang“ und lass dir beim Beantworten der Fragen wirklich Zeit. Die Qualität der Auseinandersetzung bestimmt den langfristigen Erfolg der Übung.

1. Ist dieser Gedanke nachweislich richtig?
2. Stimmt dieser Gedanke in absolut jeder Situation ohne Ausnahme?
3. Gibt es Menschen, die anders denken und damit erfolgreich sind?
4. Welche logischen Argumente sprechen gegen die Richtigkeit meines Gedankens?
5. Welcher grundsätzliche Irrglaube könnte meinem Gedanken zugrunde liegen?
6. Was wäre in meinem Leben leichter oder angenehmer ohne meinen Gedanken?
7. Wie könnte ein Gedanke lauten, der hilfreicher und realistischer ist?

 


Übungsbeispiel anhand des Gedankens: „Alle reden schlecht über mich.“

1. Ist dieser Gedanke nachweislich richtig?

Vermutlich nicht, da dem Gedanke eine Kognitive Verzerrung zugrunde liegt. Wir meinen etwas zu wissen, was wir nicht wissen können. Hinzu kommt die Generalisierung „Alle“.


2. Stimmt dieser Gedanke in absolut jeder Situation ohne Ausnahme?

Davon ist nicht auszugehen, da es sich bei dem Gedanken um eine starke Verallgemeinerung handelt („alle“). Es wird mindestens eine Person geben, die nicht schlecht über mich redet.


3. Gibt es Menschen, die anders denken und damit erfolgreich sind?

Ja, es gibt Menschen, die erstmal davon ausgehen, dass sie bei anderen gut ankommen, sich regelmäßig Feedback holen, ihr Verhalten hinterfragen und offen für Kritik sind. Über diese Menschen wird in der Regel nicht schlecht gesprochen, auch wenn sie sich mal daneben benommen haben.


4. Welche logischen Argumente sprechen gegen die Richtigkeit meines Gedankens?

„Alle“ ist eine Generalisierung und damit unrealistisch. Der Gedanke müsste an der Realität – zum Beispiel durch Nachfragen, Feedback einholen – überprüft werden, bevor er geglaubt wird. Es gibt Menschen, die Lob ausgesprochen haben oder mit mir befreundet sind. Es ist unlogisch, zu denken, „alle“ würden schlecht über mich reden.

 


5. Welcher grundsätzliche Irrglaube könnte meinem Gedanken zugrunde liegen?

Der Gedanke ist eine starke Generalisierung („alle“) und ist vermutlich das Resultat der tiefen Überzeugung „Ich bin nicht gut genug“ oder „Ich bin nicht liebenswert“.


6. Was wäre in meinem Leben leichter oder angenehmer ohne meinen Gedanken?

Soziale Interaktionen würden sich angenehmer und leichter anfühlen, wenn ich davon ausgehe, dass ich bei anderen gut ankomme und darauf vertraue, dass ich eine ehrliche Rückmeldung erhalte, sollte ich mich mal daneben benehmen.


7. Wie könnte ein Gedanke lauten, der hilfreicher und realistischer ist?

„Nicht jeder muss mich mögen.“
„Ich bin offen für konstruktive Kritik und Feedback.“
„Es gibt Menschen, die mir schon gesagt oder gezeigt haben, dass sie mich mögen und positiv über mich gesprochen haben.“



Ein kleiner Reminder am Ende dieses Artikels

Zunächst einmal hoffe ich, dass dir die Übung ein wenig helfen kann und dich zu neuen Erkenntnissen bringen wird. Ich kann aus Erfahrung sprechen, da ich die Übung im letzten Jahr fast täglich über einen Zeitraum von 2-3 Monaten durchgeführt habe. Es bewegt sich wirklich etwas, wenn man dranbleibt. Es lohnt sich! Und auch einmal die Woche kann viel bewirken.

 

Für zwischendurch fasse ich hier noch einmal das Wichtigste über Gedanken zusammen, das ich mir selbst so „zusammengesammelt“ habe:

Gedanken sind keine Fakten, sondern innere Ereignisse. Gedanken sind nicht problematisch, unabhängig von ihrem Inhalt. Gedanken werden erst dann zum Problem, wenn wir uns an nicht-hilfreichen, destruktiven Gedanken festhaken und diese Gedanken glauben. Deshalb gilt: Glaube nicht alles, was du denkst. Prüfe deine Gedanken regelmäßig auf Richtigkeit. Sind deine Gedanken hilfreich, dann behalte sie gerne. Sind deine Gedanken wenig hilfreich, dann überlege dir, welche alternativen Gedanken, dich weiter bringen würden.


Glaubst du alles, was du denkst?
Wer regiert deinen Geist – du oder deine Gedanken?

Lass es mich gerne wissen und teile deine Erfahrungen!
Viel Spaß und Erfolg beim Üben!

 

 

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Kognitive Verzerrungen
Gedanken untersuchen und hinterfragen
Kognitive Verzerrungen nach Aaron T. Bec
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Kommentare: 2
  • #2

    Aura (Mittwoch, 04 Oktober 2023 09:50)

    Hallo Naias,

    das freut mich sehr! Dranbleiben ist alles. Alles Gute dir weiterhin. :-)

  • #1

    Naias (Donnerstag, 28 September 2023 20:59)

    Liebe Aura,

    Danke für diesen Artikel, der den Finger in eine Wunde bei mir legt.
    Hauptsächlich wollte ich aber loswerden, dass ich deinen Blog sehr gerne lese und ich mich über jeden neuen Artikel freue. Deine Beiträge haben schon Einiges bei mir im Kopf ausgelöst. Danke dafür!

    Alles Liebe,
    Naias