Wu Wei meint bewusstes Nicht-Handeln.
Nur beobachten.
Nicht urteilen.
Nicht bewerten.
Eines meiner Jahresziele für 2021 ist die Praxis des Wu Wei, die ich bewusster und achtsamer in meinen Alltag einbringen möchte: Weniger bewerten und „schubladisieren“ in richtig oder falsch, gut
oder schlecht. Mehr Wahrnehmen dessen, was ist. Bewertungen können Stress verursachen, da alles was in die Kategorie „schlecht“ oder „falsch“ einsortiert wird, Aufregung und Unzufriedenheit
generiert.
Im Selbstexperiment ist mir aufgefallen, dass ich sehr häufig Bewertungen vornehme, sowohl auf mich selbst bezogen als auch auf meine Umgebung. In meinem Fall sind die meisten Bewertungen, die
ich im Laufe eines Tages vornehme, Selbstbewertungen. Und auch wenn ich ihren instinktiven Nutzen kenne – Schutz vor Gefahren und sozialem Ausschluss – wünsche ich mir derartige Selbstbewertungen
häufig „weg“.
Das Problem ist, dass unser Gehirn nicht unterscheiden kann zwischen „dieses Verhalten ist schlecht“ und „die Person, die sich so verhält, ist schlecht“. Aber: Auch sie dürfen da sein, denn auch
Selbstbewertungen sind nicht „gut“ oder „schlecht“, sie sind manchmal einfach da. Und sie lassen sich beobachten wie Wolken, die vorbeiziehen.
Ich lade dich auch zu diesem Selbstexperiment ein: Beobachte einmal deine Gedanken und ziehe Bilanz. Wie häufig im Laufe eines Tages bewertest du das Geschehen und deine Erlebnisse, Gefühle oder
Gedanken? Was ändert sich für dich, wenn diese Form der Bewertung wegfällt und du einfach nur wahrnimmst?
Wu Wie meint Teilnehmen am Leben.
Teilnahme ohne Vereinnahmung.
Geschehen lassen.
Annehmen.
Thorsten (Donnerstag, 11 Februar 2021 19:07)
Hm, früher haben religiöse Menschen "allem Weltlichen entsagt", haben sich in Klöstern isoliert um diesem Geräuschkulisse außen nicht wahrnehmen zu müssen.
Die Frage, die sich mir stellt : muss ich - und wenn ja wie weit - alles mitbekommen, ändern müssen , ethisch Stellung beziehen, sich am Ende gar schuldig fühlen, weil man vielleicht ein falsches Produkt gekauft hat wo Kinderarbeit oder unfaire Löhne beteiligt sein könnten ? Wie zuverlässig sind solche Informationen und macht am Ende noch jemand Geld mit mir, nur weil ich unverpackt kaufe, vegan oder sonstwie "unschuldig" und "korrekt" handeln möchte.
Man muss lernen Dinge hinzunehmen, nicht extrem zu leben, dem Herzen folgen, sparsam sein mit sich und den Ressourcen. Da gibt es einen Mittelweg und dann ist Schluss, der Spaß am Leben muss ja schließlich auch sein. Minimalismus ist jedenfalls nicht extrem, da würde ich widersprechen.
Aura (Donnerstag, 11 Februar 2021 18:15)
Das ist genau das, was ich mich frage: Was ist mit den Dingen/ Umständen/ Situationen, die man eben nicht ändern kann? Gesellschaftliche Bedingungen, Mitmenschen und deren Gewohnheiten, Armut, Gewalt? Meine unmittelbare Umgebung kann ich an meine Bedürfnisse anpassen und alles darüber hinaus wird schwierig, da andere Menschen mit ins Spiel kommen. Ein gutes Beispiel hierfür ist auch "Leben mit Nicht-Minimalisten".
Thorsten (Donnerstag, 11 Februar 2021 18:09)
Wir haben das eben diskutiert und sind zum Schluss gekommen, dass man nicht alles so hinnehmen kann, weil das Ignorieren Folgen haben kann. Eine Einordnung "wichtig/essentiell" und "unwichtig/nice to have" muss bewusst oder unbewusst passieren. Dann kann man Dinge priorisieten und unwichtige Dinge liegen lassen.
Die schlechte Bewertung von Unwichtigem würde in den Hintergrund treten und wichtige Dinge zuerst erledigt werden. Das könnte Sorgen nehmen, den Kopf freier machen. Erzwingen kann man das aber nicht. Wenn ich dreimal am gelben Blatt vorbei gehe und es mich jedes Mal ärgert , dann muss ich es schon abschneiden, sonst sammelt sich das an und ärgert und wenn es vom Kopf her "unwichtig" sein sollte.